Was bleibt nach einem solchen Abend im Pfleghof als Erinnerung? Vor allem der irgendwie schwer denkbare Eindruck, gerade in weiten Teilen des Abends Weltklassemusik erlebt zu haben. Wie kann das sein, dass die Pfleghöfler es immer wieder schaffen, eine solche Qualität auf die kleine Bühne zu stellen?

Natürlich: Joo Kraus ist ein Ulmer und ein uralter Bekannter und kommt wohl aus eher sentimentalen Gründen immer mal wieder nach Langenau. Aber: das Sirius Quartet! Das ist – Entschuldigung – Carnegie Hall, nicht Pfleghofsaal! Vielleicht haben wir ja auch diesen Glücksfall einem quasi Einheimischen zu verdanken: dem Violinisten Gregor Huebner.

In Stuttgart geboren, lebt er seit 23 Jahren in – Achtung! – Harlem, New York. Das sagt wohl einiges aus über die Spannweite des Menschen und Musikers. Wer in Harlem lebt, kann es sich nicht leisten, nur um sich selbst zu kreisen, er muss, ob er will oder nicht, eine ungeheure Offenheit leben. Ebendies bildet Huebners Musik eins zu eins ab. Für den gibt es keinerlei Tabus, was die zu verarbeitenden Einflüsse betrifft, und keine Grenzen, was seine musikalischen Möglichkeiten angeht. Er improvisiert mit der gleichen Begeisterung über Stings „Englishman in New York“, wie er sich in die bockschweren „4 Quartettsätze“ von Günther Buhles kniet. Vier Sätze, die auch dem Publikum höchste Konzentration abfordern.

Klassemann kapituliert

Easy Listening ist das nicht, und auch ein Klassemann wie Joo Kraus ging da von der Bühne und überließ dem Sirius Quartet die Arbeit. Nicht etwa, weil das Stück seine Fähigkeiten überstiegen hätte, nur – ohne sehr intensives Üben kann man das nicht spielen. Nicht umsonst sind die Sirius-Musiker – neben Gregor Huebner der Violinist Fung Chern Hwei, der Bratschischt Ron Lawrence und Jeremy Harman am Cello – ein seit Jahren auf allerhöchstem Niveau gefordertes und gefeiertes Quartett. Die vier verstehen sich blind und man kann sich nur schwer vorstellen, dass es Kompositionen gibt, die sie nicht bewältigen könnten.

So war Joo Kraus an diesem Abend in erster Linie für die Abteilung „Spaß“ zuständig: „I Can’t Stand The Rain“, „Dibdip House“ . . . Nicht zu verwechseln mit „simpel“, denn das kann er gar nicht. Seine Musik geht einfach vom Kopf sehr schnell in Bauch und Beine. Nicht nur das Publikum war dafür dankbar. Auch die Sirius-Disziplinmonster hatten sichtlich ihre helle Freude daran, zu zeigen, dass sie in den Abteilungen „Grooven“ und „Improvisieren“ durchaus mithalten können.

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