Jazz Zeitung: Gregor Hübner mit „Preludes“ aus dem Lockdown auf CD und Note
Interview with Gregor Huebner about creating “Stories from the New York Lockdown,” later released as “Piano Solo Préludes op. 80.”
Keine Konzerte, keine Treffen zu Proben, kein Einkommen – in Musikerbiografien haben die Auswirkungen der Corona-Pandemie tiefe Spuren hinterlassen. Auch wenn jeder Künstler anders mit den beruflichen Einschränkungen umging, gemeinsam ist allen, dass sie in diesen Wochen und Monaten das taten, was Musiker*innen immer tun können: üben, komponieren und im Homestudio aufnehmen. Und natürlich sich fit halten und Sport treiben.
Damit kommen wir zu dem Geiger Gregor Hübner, der seit Jahrzehnten zwischen NYC und München pendelt. In Big Apple hat er vor fast drei Jahrzehnten sein Studium an der Manhattan School of Music mit Auszeichnung beendet und seine internationale Karriere aufgenommen, in Harlem wohnt seine Familie. Im größten Dorf der Welt, in München – aus transatlantischer Perspektive nicht weit vom Bodensee, wo Hübner aufwuchs – hat er eine Professur für Komposition an der Musikhochschule.
„Stories from the New York-Lockdown“
In Coronazeiten war die Wahl klar: Hübner blieb bei der Familie in Harlem. In dieser Zeit begann er neben dem Geigenspiel auch wieder mehr Klavier zu spielen. Hübner ist natürlich keiner, der stur Geläufigkeitsübungen und Harmonielehre paukt – er komponierte beim Üben und so entstanden nach und nach 14 musikalische „Stories from the New York-Lockdown“, die er jetzt unter dem Titel „Préludes op. 80“ zusammenfasste. Alle zwei Wochen fuhr Hübner mit dem Rad eineinhalb Stunden einfach von Harlem nach Queens zu den Spin Recordings Studios. Dort spielte er mit dem Tonmeister Nik Chimboukas jeweils ein Präludium, der hier auf CD vorliegenden Sammlung, ein.
Kammermusik für eine intime Zuhörerschaft
Jedes Stück hat eine eigene Geschichte, trägt eine Widmung und ist biografisch in Hübners Vita verortet. Mittels Tonträger oder Stream kann man sich zusammen mit Hübner auf eine melancholisch eingefärbte Reise durch einsame Lockdownstunden machen. Aus der Improvisation entstanden, gibt Hübner seinen Préludes ihre ursprüngliche Bedeutung als Vorspiel und Einleitung zurück. Einzig die Frage „Wann kommt die Hauptsache?“ lässt Hübner unbeantwortet. Noch in diesem Jahr sollen die Noten der mittelschweren Charakterstücke publiziert werden. Die lockdownerprobten „Préludes“ sind in erster Linie nicht für den großen Konzertsaal geeignet, sondern Kammermusik für eine intime Zuhörerschaft – auf jeden Fall stellen sie eine echte Repertoirebereicherung für einen zeitgemäßen Klavierunterricht dar.